Find what you love and let it kill you: Facebook Instant Articles

Mit Facebook Instant Articles stellte das Unternehmen im Mai das neue Tool vor, um User zukünftig noch länger auf der Plattform zu halten. Die Plattform integriert komplette fremdproduzierte Medieninhalte. Ein fragwürdiges Tauschgeschäft für die liefernden Medienhäuser – dennoch sind vom Start weg große Namen an Bord. Ein Bezahlmodell ist ebenso in den Startlöchern. Letzteres kann für Blogger interessant sein.

Die Todgeweihten beugen sich vor dem neuen Kaiser

„Spiegel“, „Bild“, „New York Times“, „Guardian“, BBC, NBC, „National Geographic“, „The Atlantic“, „Buzzfeed“ – nicht gerade unbekannte Namen, die beim Instant Articles-Programm von Beginn an mit dabei sind. Die dramatische Überschrift des Absatzes ist übrigens einem Text der FAZ entnommen. Sie drückt nichts weiter aus, als das Unverständnis über dieses Einknicken gegenüber der Krake aus Menlo Park.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen:
Die Verlage und Sender stellen (auf) Facebook Inhalte komplett zur Verfügung und verzichten darauf, den Leser auf die eigene Plattform zu holen. Inhalte wie auch Nutzer (be)finden sich innerhalb des Facebook-Kosmos. Für dieses Service bezahlt Facebook übrigens keinen Cent. Es lässt sich den Content großzügiger Weise in Form von Facebook Instant Articles gratis zur Verfügung stellen – insofern eine logische Weiterentwicklung des bisherigen Geschäftsmodells, das bei Privaten erfolgreich funktioniert. Dass derart renommierte Namen darauf einsteigen, irritiert aber doch.

Womit werden diese entlohnt? Zuallererst wohl mit der Zustimmung zur streitbaren Facebook-Nutzungs-Policy und der damit einhergehenden Abgabe der eigenen Souveränität an das Unternehmen. Was den Verlagen als schmackhaft verkauft wird, sind aber die Nutzerdaten sowie die Möglichkeit, die Werbung rund um die „eigenen“ Artikel selbst zu vermarkten. Als Karotte vor der Nase baumelt die Aussicht auf großes Publikum – die geliebte Audience.

Ich halte das für einen Trugschluss, der sich zum Bumerang entwickeln kann. Billig seine Selbstbestimmtheit und Unabhängigkeit für Reichweite zu verscherbeln, um innerhalb eines fremdbestimmten Kosmos kurzfristig ein paar schönere Zahlen präsentieren zu können – das kann man schon staunend hinterfragen. Zumal der Traffic dann ja nicht mal mehr der eigene ist.

Facebook Instant Articles: Für eine Handvoll Dollar

Spiegel Online hat darauf verwiesen, mit Facebook im Zuge des Deals die Möglichkeit eines Bezahlmodells vereinbart zu haben. Zur Monetarisierung halte ich es aber nach wie vor für die klügere Idee, sich eine Plattform mit Bezahloption auf das eigene Online-Angebot zu holen (zu Möglichkeiten dazu siehe hier), anstatt mutwillig das eigene Angebot in Facebook aufgehen zu lassen.

Für Blogger, die ihre Audience via Facebook heute schon am besten erreichen, mag diese Möglichkeit demgegenüber sogar Potenziale bieten. Viele Medienhäuser werden von diesem Experiment – wenn überhaupt – mit brummendem Schädel erwachen.

Facebook wird zum Verleger

…und die bisherigen Verleger werden zu Lieferanten. Die Content-Kuratierung verbleibt natürlich beim Chef der gesamten Veranstaltung.

Und wie sie sich darüber freuen, die Jungs und Mädels von National Geographic, NBC, BuzzFeed und wie sie alle heißen – denn: die Artikel laden jetzt schneller! So sehen die Facebook Instant Articles aus:

Autoritäres Informationssystem

Die Leser schmoren, was die zukünftig an sie gelangenden Informationen betrifft, dadurch schließlich noch mehr im eigenen Saft. Sie sind gegen Einflüsse, die von ihrem Facebook-Algorithmus abweichen, noch dichter abgeschottet – und werden wohl auch regelmäßig in ihrem Weltbild bestätigt, anstatt es stets neu auf die Probe stellen zu müssen.

Ave, Facebook, morituri te salutant! Über wem wird sich der Daumen senken?

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